Zweiter Strahl
Die letzte Frucht (=Abhandlung) aus dem Gefängnis in Eskishehir
Zweiter Strahl des Einunddreißigsten Blitzes
بِسْمِ اللَّهِ الرَّحْمَنِ الرَّحِيمِ
»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen.«
Dieser Strahl wurde vor 16 Jahren geschrieben (1935), zu einer Zeit, als ich nach der Entlassung meiner Freunde allein im Gefängnis zu Eskischehir zurückgeblieben war. Ich hatte (diesen Strahl) mit meiner eigenen nur sehr unzureichenden Handschrift zu einer sehr aufreibenden und höchst unerfreulichen Zeit in großer Eile geschrieben, weshalb denn auch manches ziemlich ungereimt erscheint. Als ich ihn nun kürzlich korrigiert habe, sah ich, dass er dennoch äußerst wertvoll, voller Kraft und von großer Bedeutung ist.
Said Nursi
(Dieser Strahl bildet den Siebenten Punkt, im Anhang zu den sechs Punkten, die bereits im Dreißigsten Blitz behandelt worden waren, und handelt von
Allahu Ehad
»dem Einen Gott«,
jenem größten Seiner Namen.)
Anmerkung
Diese Abhandlung ist meiner Meinung nach auf Grund der bedeutungsvollen und sehr subtilen Geheimnisse des Glaubens, die sie enthält, entwickelt und zur Darstellung bringt, von großer Wichtigkeit. Wer diese Abhandlung liest und versteht, wird – so Gott will – seinen Glauben bewahren. Leider hatte ich hier keine Gelegenheit, mich mit irgendwem zu treffen, um ihn darum zu bitten, sie noch einmal sauber abzuschreiben. Willst du den Wert dieser Abhandlung verstehen, so lies vor allem erst einmal die Zweite und die Dritte Frucht und das Nachwort mit der Problemstellung auf den letzten beiden Seiten an ihrem Ende aufmerksam durch. Danach erst studiere sorgfältig den ganzen (Text).
Siebenter Punkt
Anhang zu den 6 Punkten, welche die Sechs Gewaltigen Namen erläutern. (Dieser Punkt) handelt von »dem Einen Gott«.
بِسْمِ اللّٰهِ الرَّحْمٰنِ الرَّحِيمِ وَ بِهِ نَسْتَعِينُ
»Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Allbarmherzigen… und von Ihm kommt unsere Hilfe.«
Von jener geradezu einzigartigen Aussage der Ayah
فَاعْلَمْ اَنَّهُ لاَ اِلهَ اِلاَّ اللّٰهُ
»… und wisse, dass es keine Gottheit gibt, außer Gott« (Sure 47, 19)
und zugleich auch durch die allgemein bekannte Eidesformel des Propheten, mit dem Friede und Segen sei, in meinem Inneren angerührt, verspürte ich jene feinsinnige Anspielung auf drei wunderschöne, süße, subtile Früchte göttlicher Einheit (tauhid), drei Dinge, die sie erforderlich machen und drei Dinge, die zu ihrem Beweis dienen.
So war denn die Eidesformel, die Gottes höchst ehrenwerter Gesandter, mit dem Friede und Segen sei, zu schwören am häufigsten gebrauchte, der Ferman, den er stets wieder verwendete
وَالَّذِى نَفْسُ مُحَمَّدٍ بِيَدِهِ
»Bei dem, in dessen Hand die Seele (nefs) Muhammads ruht.«
Und diese Eidesformel zeigt, dass selbst der höchste Wipfel des Weltenbaumes und seine entferntesten Zweige und seine feinsten Verästelungen aus der Macht und dem Willen jenes Einen und Allgegenwärtigen (Vahid-i Ahad) Wesens heraus existieren. Denn wenn die Seele selbst noch des erlesensten und außergewöhnlichsten Geschöpfes, die (Seele) Muhammads, mit dem Friede und Segen sei, sich nicht selbst besitzt und nicht frei ist in ihren Handlungen, vielmehr in ihren Bewegungen an einen anderen Willen gebunden ist, so kann es sicherlich keine Funktion, keinen Umstand, keinen Sachverhalt geben, weder teilweise noch insgesamt, der außerhalb des alles umspannenden Willens (ihtiyar) und Seiner alles umfassenden Macht (iqtidar) läge.
Was in der Tat mit dieser bedeutungsvollen Eidesformel Muhammads, mit dem Friede und Segen sei, zum Ausdruck gebracht wird, ist die Herrschaft (Rububiyet) jener allgewaltigen und alles umfassenden Einheit (tauhid). Da nun aber bereits hundert, ja vielleicht tausend klare Beweise dieser Göttlichen Einheit (tauhid) in der Risale-i Nur als der Lampe für das Licht des Qur’an (Siradju-n’Nur) erklärt worden sind, wollen wir hier nur noch auf die Einzelheiten und Beweise für diese erhabene Wahrheit hinweisen. In diesem Zweiten Strahl, und zwar in den ersten drei kurzen Kapiteln, wollen wir nun diese höchst bedeutende Glaubenswahrheit kurz zusammenfassend erklären, als drei subtile, süße, kostbare, leuchtende, zum Wohle aller bestimmte Früchte unter zahllosen anderen Früchten und dabei auf jene Einsichten und Erfahrungen anspielen, die mein Herz zu diesen Früchten hingezogen haben.
Im Zweiten Kapitel sollen dann drei universale Motive und Themen zur Sprache kommen, welche diese heilige Wahrheit notwendig werden lassen, da sie die Kraft von dreitausend solcher Themen haben.
Im Dritten Kapitel sollen dann drei Merkmale der Wahrheit von der Göttlichen Einheit (tauhid) Erwähnung finden, welche die Kraft von dreihundert solcher Merkmale, Andeutungen und Beweise in sich tragen.
Die Erste Frucht des Ersten Kapitels
In der Göttlichen Einheit (tauhid) und Allgegenwart (vahdet) werden die Göttliche Schönheit (djemal) und die Vollkommenheit des Herrn (kemal) offenbar. Gäbe es diese Göttliche Allgegenwart (vahdet) nicht, bliebe dieser urewige Schatz verborgen. Und es ist in der Tat dieser Spiegel Göttlicher Allgegenwart (vahdet), der es bewirkt, dass die Göttlichen Namen, mit Hilfe dieser Göttlichen Allgegenwart (vahdet) schließlich in den einzelnen (Früchten) am Ende des Baumes der Schöpfung wie in einem Brennpunkt in ihrer grenzenlosen Göttlichen Schönheit und Vollkommenheit, in der unendlichen Vollkommenheit ihres Herrn, Seiner Lieblichkeit, Seinen unzählbaren Wohltaten, in den kostbaren Gaben des Allbarmherzigen (baha-i Rahmani) und in der so unendlich vollkommenen Schönheit des Unvergleichlichen (Samedani) in Erscheinung treten.
Wenn also z.B. in einem einzelnen besonderen Akt der Hilfeleistung an einem Säugling, der sich nicht selbst helfen und versorgen kann, von einer Stelle aus, wo man es eigentlich gar nicht erwartet, nämlich mitten zwischen Blut und Ausscheidungen, reine, saubere, weiße Milch herangetragen wird, so wird, vom Standpunkt der Betrachtung der Bestätigung Göttlicher Einheit (tauhid) aus betrachtet, sogleich durch die wunderbare, zärtliche Versorgung aller Menschenkinder und der Jungen aller Tiere und der sie versorgenden Mütter die unsterbliche Schönheit und Barmherzigkeit des Allerbarmers in all Seiner Herrlichkeit sichtbar. Wenn man diese Dinge nicht mit den Augen Göttlicher Einheit (tauhid) betrachtet, so bleibt diese Schönheit verborgen und diese besondere Art der Versorgung wird den Ursachen zugeschrieben, dem Zufall oder der Natur, wodurch sie ihren Wert ganz und gar verliert und sogar in ihrem Wesen verfälscht wird.
Betrachtet man z.B. die Heilung von einer fürchterlichen Krankheit vom Standpunkt einer Bestätigung Göttlicher Einheit (tauhid) aus, …
Direkt online zu bestellen:
Strahlen – Kommentare zum Qur´an von Bediüzzaman Said Nursi aus dem Risale-i Nur Gesamtwerk